Samstag, 30. Oktober 2010

Trash Time: Attack of the Giant Leeches

Attack of the Giant Leeches. USA 1959. Regie: Bernard L. Kowalski.

In den 50er-Jahren war das alltägliche Leben in den USA durchdrungen von der Angst vor kommunistischer Spionage und nuklearem Weltuntergang. Während unter Senator McCarthy eine regelrechte Hatz auf Kommunisten betrieben wurde und die heimische Propaganda alle Geschütze aufbot, um den Feind zu diffamieren und Angst zu schüren, lieferte man sich mit der Sowjetunion ein schwindelerregendes Wettrüsten um die höchstmögliche Menge an Nuklearsprengköpfen. Diese Ängste erfuhren im Horror- und Science-Fiction-Film ihre mediale Aufarbeitung: Außerirdische infiltrierten die Gesellschaft und durch radioaktive Strahlung zu riesenhafter Größe mutierte Tiere terrorisierten die Menschen. Auf einige erste Kassenerfolge folgten unzählige billig produzierte Plagiate, die Monster-B-Movies der 50er waren geboren und ließen alles was Flora und Fauna an Kriech- und Krabbeltieren bereithält auf das Kinopublikum los: haushohe Riesenspinnen, monströse Killerameisen, gigantische Echsen, mutierte Mäuse und mannsgroße Blutegel – Mäuse und Egel? Ja, in der Tat steigerte sich das Repertoire des Genres ins bis ins Bizzare und Groteske. Man konnte schließlich nicht 50 Filme über Riesenspinnen drehen. War eine Spezies abgearbeitet, musste man sich etwas Neues einfallen lassen, neue Ungeheuer schaffen, um das Publikum in die Kinos zu locken. Und so tummelten sich bald auch die sonderlichsten Kreaturen in radioaktiv verstrahlter Form auf der Leinwand, eben auch Spitzmäuse wie in The Killer Shrews (1959) und Blutegel in Attack of the Giant Leeches (1959). Letzterer zählt sicherlich zu den bizarrsten Vertretern des Horrorfilms der 50er und verdient deshalb eine nähere Betrachtung.

Irgendwo in den Sümpfen Floridas wird ein Trapper mit seltsamen Wundmahlen übersät tot aufgefunden. Die Einheimischen sind der Meinung ein Alligator sei für den Zwischenfall verantwortlich, Dr. Greyson (Tyler McVey) glaubt jedoch, dass eine unbekannte Lebensform, etwa ein riesiger Blutegel, die Verletzungen herbeigeführt hat. Als der Ladenbesitzer Dave (Bruno Ve Sota) seine Frau (Yvette Vickers) mit seinem besten Kumpel Cal (Michael Emmet) beim Fremdgehen ertappt, jagt er beide in die Sümpfe und wird dort Zeuge wie titelgebende Kreaturen das Liebespaar unter Wasser ziehen. Als kurz darauf noch zwei weitere Menschen verschwinden wird die Jagd auf die Killeregel eröffnet. Wildhüter Steve (Ken Clark) taucht hinab in die Tiefen des Sumpfes, um den Kampf mit den Bestien aufzunehmen. . .

Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass die Bewohner des Südstaatenkaffs sich gegen blutsaugende Monster zu Wehr setzen müssen, leiden sie auch noch unter übelster Stereotypisierung. Die Männer des Ortes sind entweder fett, dumm oder betrunken, in den meisten Fällen sogar alles auf einmal. Die Frauen sind, wie sollte es anders sein, entweder meinungs- und wehrlose Dummerchen oder Sexsymbole. Lediglich zwei Männer fügen sich nicht in dieses stereotype Idyll ein: der Akademiker Dr. Greyson und der Held Steve, ein Wildhüter mit dem Scharm eines Besenstiels aber der Brustbehaarung eines ausgewachsenen Bären. Steve hat zudem ein Auge auf die Tochter des Doktors geworfen. Die Sumpfgegend Floridas ist also, zumindest nach der Vorstellung der Produzenten, überwiegend von Hill Billies bewohnt, die sich zu jeder Gelegenheit ihren selbstgebrannten Schnaps aus hinter die Binde kippen, Latzhosen tragen und Strohhalme knabbern.

Diese debilen Hinterwäldler werden von Männern attackiert, die in lächerlichen Kostümen stecken, welche eher an einen Tintenfisch im Latexponcho als an einen Blutegel erinnern. Spätestens jetzt macht sich ungewollte Komik breit, wenn diese lachhaften Gestalten aus dem Wasser torkeln und man bei genauem Hinsehen sogar die Sauerstoffflaschen der Taucher unter den Kostümen erkennen kann. Die schlechten Kostüme sind v.a. dem äußerst geringen Budget des Films zu schulden, der übrigens von B-Movie-König Roger Corman produziert wurde. Die „schrecklichen“ Ungeheuer holen sich ein unschuldiges Opfer nach dem anderen, töten ihre Opfer aber nicht einfach, sondern schleppen sie in eine Unterwasserhöhle, um ihnen dort über Tage hinweg das Blut auszusaugen. In den Szenen, in der die Egel ihre Opfer malträtieren kommt zum ersten und leider auch letzten Mal etwas wie Atmosphäre auf. Jedoch wird dieser Lichtblick nach nur wenigen Sekunden durch das völlig übertriebene und Gestöhne Yvette Vickers und die staubsaugerartigen Geräusche, die die Ungeheuer von sich geben, jäh zunichte gemacht.

Bald findet man heraus, dass es sich bei den Ungeheuern nicht, wie zuerst vermutet, um Alligatoren, sondern um mutierte Blutegel handelt und sucht einen Weg, die Bestien zu vernichten. Es ist Steve, der stocksteife Wildhüter, der gegen die Ungeheuer in den Kampf zieht und sie mit einer ordentlichen Portion Dynamit ins Jenseits befördert. Dass Steve entgegen seiner festen Überzeugung Sprengstoff einsetzt spottet jeder Logik, da er den gesamten Film lang derjenige war, der sich gegen den Gebrauch von Dynamit ausgesprochen hat, um das Ökosystem des Sumpfes nicht nachhaltig zu schädigen. Aber selbst derartige Logikfehler fallen bei der Qualität dieses Films nicht mehr ins Gewicht. Die finale Konfrontation mit den mutierten Kriechtieren findet sodann unter Wasser statt und könnte durchaus spannend sein, wenn man etwas erkennen könnte. Die Unterwasseraufnahmen sind dermaßen trübe und verschwommen, dass man nur erraten kann, was sich gerade auf dem Bildschirm vor einem abspielt. Sehnsüchtig erinnert man sich an dieser Stelle an die grandiosen Unterwasseraufnahmen aus Creature from the Black Lagoon (1954). Zumindest wird somit ein zu genauer Blick auf die amateurhaften Kostüme mehr oder weniger geschickt kaschiert. Nach kurzem Kampf sind die Monster besiegt, Steve darf sein Mädchen in den Armen halten und die Dorfbewohner können wieder in Ruhe in den Sümpfen herumlungern, aber eine Frage bleibt noch: Woher stammten die Monster eigentlich? Auf diese Frage hat Dr. Greyson selbstverständlich sofort die passende Antwort parat: Die Blutegel sind durch, wer hätte das gedacht, radioaktive Strahlung vom nahe gelegenen Cape Canaveral Space Center zu riesenhafter Größe mutiert.

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